Donnerstag, 11. Dezember 2008

Straßenräubers als Buch – zu Weihnachten?

Falls ihr noch was zum Verschenken für Weihnachten braucht, hier mal in Auszügen die Rezension eines Buches über uns Strassenräuber. Und fragt mich nicht, wie man den Autor ausspricht. Ich neige zu Hopsbaum. Man beachte auch den geschliffenen Feuilleton-Sprachstil des Rezensenten:

Unverwüstliche Sozialromantik

Eric Hobsbawm: "Die Banditen - Räuber als Sozialrebellen"

Vorgestellt von Florian Felix Weyh/Deutschlandradio

1969 gab der marxistische Historiker Eric Hobsbawm zum ersten Mal sein Werk "Bandits" (Die Banditen) heraus, das sich einer Außenseiterschicht widmete. Die ländlichen Räuberbanden waren in den Augen der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Geschichtsschreibung bis dato schlecht weggekommen. Jetzt ist eine Neuausgabe dieses Essays pünktlich zum 90. Geburtstag auf Deutsch erschienen.

So legt der Hanser-Verlag eine durchaus erhellende Lektüre zur Unverwüstlichkeit jener Sozialromantik vor, die schadlos alle Zusammenbrüche linker Gesellschaftsmodelle überstanden hat. In Habsbawms Augen waren die historischen Sozialrebellen in Gestalt des Wilderers oder Straßenräubers prinzipiell begrüßenswert. Zumindest lassen sich ihre Taten immer aus den Machtumständen der Zeit begründen, und verwerflich an ihrem Handeln ist allenfalls der eklatante Mangel einer passenden Theorie: Sozialbanditen "verfügten über keine alternative gesellschaftliche Vision und über kein implizites (ganz zu schweigen von einem expliziten) Programm, sondern lediglich über ein berechtigtes Ressentiment gegen die soziale Ordnung, die sie ausschloss, und die Entfremdung von ihr, über das Wissen, was Unrecht ist. Darin lag ihre Tragödie."
Auch die um Dutzende Seiten ergänzte Neufassung der "Banditen" bleibt bei der Aufteilung zwischen den fiktiven "edlen Räubern" à la Robin Hood, den "Rächern" aus gekränkter Ehre und politanarchischen Guerilla-Banden, die bei Hobsbawm als "Heiducken" firmieren, heute aber eher als "Warlords" bezeichnet werden.
Die Re-Lektüre seines Essays sei all jenen empfohlen, die die ideologischen Irrläufe des 20. Jahrhunderts - gerade unter den großen Geistern - verstehen wollen. Freilich bedarf es einer Korrektur des eingänglichen Hoffnungssatzes: Wer vorrangig auf Hoffnungen baut, darf es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen.
Das ist das Credo jedes Priesters, sowie seiner weltlich-materialistischen Konkurrenz, die sich wie Eric Hobsbawm noch im hohen Greisenalter juvenil genug zeigt, romantischen Verklärungen zu erliegen. Den Beweis, dass Sozialbanditen die Weltgeschichte auch nur einen Millimeter zum Besseren gewendet haben, bleibt er auch vierzig Jahre nach der Erstausgabe schuldig.

Eric Hobsbawm: Die Banditen - Räuber als Sozialrebellen
Aus dem Englischen von Rudolf Weys und Andreas Wirthensohn.
Hanser Verlag, München 2007
© 2007 Deutschlandradio

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